HIOB
Glaubt der Mensch nur dann, wenn es ihm gut geht?
Der Prophet Hiob gilt als Vorbild, wenn es um Langmut und Leidensfähigkeit geht. Doch gibt es auch eine alternative Interpretation zur üblichen?
Der Prophet Hiob findet zwar Erwähnung im Koran, jedoch nur an wenigen Stellen. Bei der Interpretation der Geschichte von Hiob griffen muslimische Theologen deshalb gerne auf die biblische Erzählung zurück. Demnach entspinnt sich zwischen Gott und dem Teufel ein Gespräch über Hiob, den Gott mit vielen Kindern und Besitz gesegnet hatte. Der Teufel vertritt die Meinung, dass Hiob nur so lange frömmig sei, solange es ihm gute ginge, woraufhin Gott es dem Teufel erlaubt, ihm seine Kinder und seinen Besitz wegzunehmen. Doch Hiob nimmt die Schicksalsschläge ohne zu Murren hin. Daraufhin schlägt ihn der Teufel auch noch mit gesundheitlichen Leiden. Aber Hiob bleibt standhaft.
Der Koran hingegen erwähnt lediglich, dass Hiob schwere Verluste an Familienmitgliedern, Gütern und Gesundheit hinnehmen musste und er dies geduldig ertrug. Ein Dialog zwischen Gott und dem Teufel wird nicht erwähnt. Hiob erkennt irgendwann, dass der Teufel verantwortlich ist für das Leid und wendet sich an Gott, der ihn daraufhin mit Angehörigen, Besitz und Gesundheit segnet.
Zudem wird im Koran erwähnt, dass er mit einem Bündel Halmen zuschlagen soll, um nicht eidbrüchig zu werden. Üblicherweise wird das dahingehend interpretiert, dass Hiob einmal, als er sich sehr über seine Frau ärgerte, sich schwor, sie zu schlagen, sobald er wieder bei Kräften sei. Gott jedoch verhinderte dies, indem er Hiob anwies, die Schläge mit Halmen auszuführen.
Was für ein Mensch war nun Hiob? Ist es ein Zeichen für einen gereiften Charakter, wenn man Unzufriedenheit durch Gewalt kompensieren möchte?
Die Lage bessert sich, als Hiob endlich einsieht, dass der Fehler bei ihm selbst liegt, denn der Teufel ist ja niemand anderes als unsere eigene Habgier, unser Neid, unsere Verblendung. Hat Hiob seine Familienmitglieder vielleicht deshalb verloren, weil er ein unbeherrschter Vater war? Hat er sein Vermögen verloren, weil er sich selbst geschadet hat? Ist er krank geworden, weil er mit seiner eigenen Gesundheit Schindluder getrieben hat? Musste er Leid erfahren, weil er die guten Dinge nicht zu schätzen verstand? Selbsterkenntnis ist auch hier der Schlüssel zum Glück. Die Erkenntnis, dass er allein schuld an seinem Elend ist, wird von Gott belohnt durch eine Wiederherstellung, ja sogar Verbesserung der Ausgangslage.
Eine Sache jedoch muss er noch verstehen: Gewalt ist keine adäquate Antwort auf Unzufriedenheit.
Die Geschichte von Hiob erzählt also die Geschichte eines Menschen, der das, was er hatte, zunächst nicht wertschätzen konnte und so selbst den Verlust dessen bewirkte. Dieser Verlust war schmerzlich und führte zu einem Umdenken. Und Gewalt ist keine Lösung.
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Sure 21
83 Und (auch) Hiob, als er zu seinem Herrn rief: „Mir ist gewiss Unheil widerfahren, doch Du bist der Barmherzigste der Barmherzigen.“
84 Da erhörten Wir ihn und nahmen das Unheil, das auf ihm war, von ihm hinweg, und gaben ihm seine Angehörigen und noch einmal die gleiche Zahl dazu, aus Barmherzigkeit von Uns und als Ermahnung für diejenigen, die (Uns) dienen.
Sure 38
41 Und gedenke Unseres Dieners Hiob. Als er zu seinem Herrn rief: „Mich hat der Satan mit Mühsal und Pein heimgesucht.“
42 „Tritt kräftig mit deinem Fuß auf; da ist kühles Wasser zum Waschen und zum Trinken.“
43 Und Wir schenkten ihm seine Angehörigen (wieder) und noch einmal die gleiche Zahl dazu, aus Barmherzigkeit von Uns und als Ermahnung für diejenigen, die Verstand besitzen.
44 Und: „Nimm in deine Hand ein Bündel (dünner Zweige) und schlag damit zu und sei nicht eidbrüchig.“ Gewiss, Wir fanden ihn standhaft. Welch ein trefflicher Diener! Er wandte sich stets Gott zu.