Die Notwendigkeit einer Reform ergibt sich aus meiner Sicht daraus, dass ich glaube, dass die eigentliche Botschaft des Korans korrumpiert wurde. Es ist meine feste Überzeugung, dass der Glaube nur entstehen kann, wenn der Mensch eine persönliche und individuelle Beziehung zu Gott aufbauen kann. Das Ziel dieser Interaktion mit Gott ist die Herausbildung eines Gewissens, einer inneren Instanz also, die dem Menschen anzeigt, ob seine Handlungen gut und sinnvoll sind oder ob seine Handlungen schlecht und schädlich sind. Da Handlungen vom jeweiligen Kontext abhängig sind, kann niemand außer den Beteiligten selbst, sie beurteilen.
Eine pauschale Beurteilung von Taten durch Gelehrte in Form von Fatwas ist somit per se nicht zielführend. Im Gegenteil, dadurch werden Unmündigkeit und Unsicherheit generiert. Ein Blick in sogenannte Online-Fatwabanken offenbart, dass viele Muslime, gerade auch Muslime, die in nicht-muslimischen Gesellschaften leben, mittlerweile selbst für banale Angelegenheiten des Alltags die Meinung eines Gelehrten einholen. Die Gelehrten beantworten Fragen danach, ob man als Muslim an Weihnachtsfeiern teilnehmen darf oder ob man in einem Supermarkt arbeiten darf, der Alkohol verkauft etc.
Eine moderne Theologie muss den Menschen darin bestärken, diese Fragen für sich selbst zu beantworten, in sich zu gehen, auf sein eigenes Gewissen zu hören und darauf zu vertrauen, dass sein Gewissen ihn zum Richtigen leitet.